Wann immer wir in der Vergangenheit Prozesse getestet haben, die unterschiedlich viele Schritte, aber den gleichen Inhalt hatten, kamen wir zum selben Ergebnis. Bei einer qualitativen Befragung geben die meisten Nutzer:innen an, den Prozess mit mehr Schritten als länger, aber als deutlich einfacher zu empfinden. Die Messdaten belegen aber meist das Gegenteil: Die gleichen Nutzer:innen haben die Mehr-Schritt-Variante schneller erledigt. Zusätzliche Schritte können komplexe Prozesse vereinfachen und beschleunigen.
Das mag auf den ersten Blick paradox erscheinen, aber bei genauer Betrachtung ergibt es durchaus Sinn. Mithilfe zusätzlicher Klicks vermeidet man, dass sich Menschen überfordert fühlen und in Folge dessen gestresst sind. Denn im Stress neigen sie zu Abwehrreaktionen. Das kennen wir alle von der Steuererklärung. Wir schieben sie so weit vor uns her, bis uns keine andere Wahl bleibt. Apps wie TaxFix sind erfolgreich, weil sie das komplexe Formular in verständliche Fragen herunterbrechen, die man in Sekunden beantworten kann.
Je komplexer ein Prozess, desto wichtiger ist es, ihn in einfachen Schritten herunter zu brechen. Aber wie viele Schritte werden benötigt? Wann ist der Inhalt für einen Schritt zu groß oder zu klein? Unsere eigene Daumenregel besagt, dass alle Angaben ihren Zweck erfüllen müssen, ohne dass man sie noch weiter herunterbrechen kann. Lasst uns die Theorie an einem Beispiel aus einem Checkout-Prozess erläutern. Welche Angaben machen unmissverständlich klar, was wofür zu tun ist, ohne dass man den Schritt noch weiter unterteilen könnte?
- Füllen Sie die Formularfelder aus, um Ihre Bestellung abzuschließen.
- Geben Sie die Zahlungsdaten an, um das Produkt zu bestellen.
- Wählen Sie eine Zahlungsart aus, mit der sie das Produkt bezahlen möchten.
- Wählen Sie das Kreditinstitut Ihrer Kreditkarte aus.
Die richtige Antwort ist hier ③. Die Aufforderung beschreibt eine eindeutige Aufgabe, um einen nachvollziehbar benannten Zweck zu erfüllen. Zu erwarten ist die Abfrage von Kreditkarte, Paypal, Rechnung oder Anderem. ① und ② sind weniger klar. Sie sind so groß geschnitten, dass man die genauen Angaben nur grob antizipieren kann. ④ wiederum ist zu spezifisch, der Zweck der Angabe ist unklar.
Wie kann man also feststellen, ob die Komplexität einer Aufgabe durch das Hinzufügen weiterer Schritte/Klicks reduziert werden sollte? Dabei müssen wir abwägen: Ist für unsere Anwendung der gefühlte Aufwand (»dauert länger«) oder der tatsächliche kognitive Aufwand die größere Hürde? Allgemein können wir sagen: je höher der kognitive Aufwand ausfällt, umso eher sollten wir ihm mehr Klicks widmen.